CDU Stadtverband Harsewinkel

„Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos.“

Rede von Dr. Angelika Wensing zum Haushalt 2023

So könnte man wohl den Haushalt 2023 überschreiben.
Dank der vielen fleißigen Menschen und der Gewerbetreibenden in unserer Stadt, dank diverser Transferleistungen von Bund und Land und auch dank relativ zurückhaltender politischer Entscheidungen aller Fraktionen während der Haushaltsberatungen werden sich die kommunalen Finanzen unserer Stadt in einem Fahrwasser bewegen, das uns vorläufig wohl nicht in die Not der Haushaltssicherung bringt.
Dr. Angelika WensingDr. Angelika Wensing
Und dennoch oder gerade darum hat sich die CDU Fraktion vorgenommen, sich im Jahr 2023 verstärkt mit der Kosten – Nutzen – Analyse freiwilliger Ausgaben zu beschäftigen und den Fuß an verschiedenen vertretbaren Stellen auf die Bremse zu stellen.

Ein munteres „Wollen wir aber haben.“  wäre ein schlechter Ratgeber - und rächte sich vielleicht erst zu einer Zeit, in der viele von uns heutigen Ratsmitgliedern nicht mehr in der Verantwortung stehen. Aber rächen würde es sich auf jeden Fall.

Ein Beispiel für dieses Vorgehen haben wir im Umweltausschuss gezeigt. Beim Thema integrative Spielplätze, einem von uns selbst initiierten Projekt, haben wir angesichts der horrenden Kosten vorgeschlagen, den Denkansatz zu ändern. Statt der sicher wünschenswerten Neugestaltung des Spielplatzes im Moddenbachtal für mindestens 230 Tsd. Euro haben wir vernünftigerweise vorgeschlagen, die Kosten auf max. 50Tsd. Euro zu deckeln und lediglich 2-3 Spielgeräte anzuschaffen, die für Kinder mit Handycap auch zum Spielen geeignet sind.

Gemeinsam haben alle Fraktionen im zurückliegenden Jahr in der Lenkungsgruppe mit Stefan Volmering an der Neuorganisation der personellen Verwaltungsstruktur gearbeitet, um mehr Handlungsfähigkeit zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang wurden diverse neue Stellen beschlossen.
Vielen Dank für Ihre strategischen Überlegungen Herr Volmering. Diese werden uns sicherlich voranbringen.

Wir verbinden damit ausdrücklich die Hoffnung, dass der ewige Verschiebebahnhof bei geplanten städtischen Investitionen stillgelegt wird und die neuen Stellen am Bauhof das Erscheinungsbild unserer öffentlichen Grünanlagen nachhaltig verbessern werden. Vielleicht geht’s dann ja auch mit dem Klosterhof endlich los ...

Ich habe mir in diesem Jahr für die Haushaltsrede mal einen ganz anderen Schwerpunkt gesetzt und zwei Themen herausgearbeitet, die - nach allerdings - intensiver Recherche zeigen, wie wirtschaftliche Planungen oder ökologische Ziele völlig aus dem Ruder laufen. Und ganz ehrlich, in diesem Zusammenhang war ich mal wieder entsetzt, erkennen zu müssen und belegt zu bekommen, wie wenig Einflussmöglichkeiten uns als Ratsmitgliedern am Ende tatsächlich bleiben.

1. Thema: Kosten des WILHALM (vielleicht jetzt keine Überraschung)

Am 19.8.2020 hat der Rat den Förderantrag, den Gasthof Wilhalm als Dritten Ort zu gestalten, gegen die Stimmen der CDU beschlossen.

Müßig zu erwähnen, dass unser Vorschlag, erstmal die Bevölkerung zu fragen und einen Bürgerentscheid durchzuführen mit selbiger Mehrheit abgelehnt wurde.
In dem Förderantrag waren ganze 65.100 € für die Ertüchtigung des Gebäudes vorgesehen, die zu 80% vom Land gefördert würden.

Stand Januar 2023 hat die Stadt wir in die Ertüchtigung des Gebäudes 393.133,31€ investiert, also in Summe 328.033,31€ mehr als geplant und all das OHNE jegliche politische Beratung und natürlich auch ohne Förderung.

Um mal in ein einzelnes Jahr zu schauen:
Im Jahr 2021 standen für Renovierungsmaßnahmen im Wilhalm 64.500 € im Haushalt. Ausgegeben wurden tatsächlich aber 222.293,64€. Also rund das dreieinhalbfache!!

Warum haben wir als Rat über diese erhebliche Kostensteigerung nicht beraten und entschieden?

Im §8 der Haushaltssatzung heißt es, dass erhebliche Auszahlungen der vorherigen Zustimmung des Rates bedürfen. Und erheblich ist, was im Einzelfall mehr als 50% des Ansatzes ausmacht und mindestens einen Betrag von 50Tsd. Euro übersteigt.

Nehmen wir – nur als anderes Beispiel - die Investitionen in Bodenbeläge 2021, für die 45 Tsd.€ veranschlagt waren, für die aber 85.177€ ausgegeben wurden. Ja, da liegt man knapp mit 4.833 unter dieser Beteiligungspflicht des Rates. Dass sich die Kosten nahezu verdoppelt haben, dürfen sich die Ratsmitglieder aus Aufstellungen selbst heraussuchen, von der Stadt jedenfalls keine Erläuterung.

Nehmen wir den Anstrich, der für dieses Jahr (wie übrigens für jedes Jahr) mit ganzen 2.500.€ veranschlagt war, aber mit 28.425,08€ zu Buche schlägt, dann haben wir zwar eine Kostensteigerung von über 1000%, aber der Betrag liegt halt unter den besagten 50 Tsd.€ der Haushaltssatzung.

Rein haushalts-rechtlich mag das ok sein.

ABER in der Betrachtung des Teilbereichs Nr.13 (Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen) bleibt es allein im Jahr 2021 bei fast 350%igen Kostensteigerung von in Summe über 200Tsd. Euro OHNE politische Beteiligung.

Mir ist klar, dass das Beispiel Wilhalm für die Mehrheitsfindung zu unserem Antrag auf Änderung des Haushaltssatzung schwierig ist. Aber hier geht es nicht nur um den Wilhalm. Hier geht es um die Verlässlichkeit des Haushalts im Detail und die gesetzlich verankerte Kontroll- und Mitbestimmungsfunktion des Rates.

Apropos Kontrollfunktion – 2. Thema

Der eine oder andere erinnert sich vielleicht noch an die letzte Sitzung des UKA in der es u.a. darum ging, wo wir mit dem Erreichen der Klimaschutzziele stehen.

Ich habe in dieser Sitzung den lange überfälligen Liegenschaftsbericht eingefordert, aus dem man ablesen kann, wie hoch die Eigenversorgung der städtischen Gebäude ist. Wir wurden pauschal vertröstet.

Vergangene Woche habe ich mir die Abrechnungen der städtischen PV Anlagen im Rathaus zeigen lassen und musste feststellen, dass Abrechnungen für wesentlich weniger Anlagen vorlagen, als tatsächlich da sind.

Auf Rückfrage bei dem zuständigen Mitarbeiter der Stadtverwaltung stellte sich heraus, dass alle PV Anlagen im Arealnetz Moddenbachtal seit sage und schreibe 2 Jahren brachliegen und nie in Betrieb genommen wurden.

Bei allem Verständnis für komplizierte bürokratische Ungeheuer fehlt mir jegliches Verständnis für das Vorgehen der entsprechenden Fachabteilung.

2 Jahre OHNE irgendeine Information des zuständigen Ausschusses oder des Rates. Wir haben die Installation dieser Anlagen beschlossen. Sie wurden gekauft und bezahlt. Sie wurden montiert und liegen jetzt dekorativ auf den Dächern der Mensa, der Sporthalle der KvG, des Gymnasiums, der dortigen Sporthalle und hier direkt nebenan auf dem Rathaus 2.

Wir haben hier Investitionen in Höhe von 217.015€ verausgabt und hätten pro Jahr etwa 43.000€ an Stromkosten einsparen können. Haben wir aber nicht.

Ich nenne das einen Vermögensschaden.

Nach Aussage des Mitarbeiters blieb dieser Vorgang übrigens bis vor 3 Wochen auch ohne Kenntnis der BMin.

Sie, Frau Bürgermeisterin haben allerdings auch die Gelegenheit verstreichen lassen, darüber im HFWA letzte Woche zu informieren.

Darum fordern wir hier und heute, dass der gesamte Vorgang mit Benennung der verantwortlichen Akteure und einem konkreten Zeitplan, bis wann was erledigt sein soll, damit die Anlagen schnellstmöglich ans Netz kommen, im nächsten UKA behandelt wird.

Bis die Anlagen am Netz sind fordern wir die Bürgermeisterin auf, diesen Vorgang zur Chefsache zu machen und den Rat in jeder Sitzung über den aktuellen Sachstand zu informieren.

Ganz am Rande: Im Juni 2022 wurde von der Bundesregierung eine Ausnahmeregelung beschlossen, die gerade für solche Fälle greifen soll und eine Übergangsfrist bis 2025 mit Anschluss der Anlagen und nachfolgender Zertifizierung ermöglicht. Ist das eigentlich dem hauptamtlichen Klimaschutzmanager bekannt und im Hinblick auf die Inbetriebnahme dieser Anlagen geprüft worden?

Sollte dies der Fall sein, dann wäre der UKA in seiner nächsten Sitzung unter Vorlage der entsprechenden Korrespondenz auch darüber zu informieren.

Was passiert hier? Warum bleibt so etwas unerwähnt? Der Rat ist der Souverän und MUSS über so erhebliche Veränderungen, die ja auch zu Kostensteigerungen (in diesem Fall ausbleibende Stromkosteneinsparungen von bisher min. 86Tsd. €)) führen, informiert werden. Die BMin und die Vertreter des Rates im Aufsichtsrat der Stadtwerke 2 Jahre lang nicht zu informieren und damit auch ihre Hilfe auszuschließen, halte ich für mindestens grob fahrlässig.

Dass die Bürgermeisterin diesen Vorgang in keiner Weise bemerkt haben soll, wird hoffentlich zu Veränderungen im verwaltungsinternen Berichtswesen führen.

Als kleinen Schwank am Rande aus dieser Recherche. Der Wechselrichter der PV Anlage auf dem Greffener Bürgerhaus ist laut Aktennotiz falsch angeklemmt, so dass die Anlage die Eigenversorgung nicht widerspiegelt, sondern lediglich die ins Netz eingespeiste Strommenge darstellt. Für etwas mehr als 7 Cent pro kwh. insgesamt Einnahmen von gut 300€ pro Jahr sind das darstellbare Ergebnis. Damit würden wir die Anlage nach sagenhaften 30 Jahren amortisiert haben. Jeder Bürger, der in den letzten 2-3 Jahren eine PV Anlage installiert hat, darf sich über eine Amortisation innerhalb von etwa 12 Jahren freuen.

Wenn bei einem privaten PV Anlagenbetreiber so eine unkontrollierbare Situation entsteht, dann ruft er nach Bemerken des Fehlers einen Handwerker. Nicht so die Verwaltung, das lässt man laufen und arbeitet wohl lieber an einem letztlich inhaltsleeren Klimaschutzbericht.


Wir fordern dringend, dass dieser Fehler schnellstens behoben wird, damit wir nachvollziehbare Werte bekommen und wissen, ob die Anlage rentierlich arbeitet. Hier laufen immerhin auch Garantieansprüche.

Und um ökologisch UND wirtschaftliche Problemlagen zum Abschluss dieser Rede mit einem letzten Beispiel zu belegen.

Die Heizkosten im Wilhalm lagen im Jahr 2021 bei sagenhaften 14386€. Das ist belegbar mehr als das Heimathaus in Harsewinkel UND die Bürgerhäuser in Marienfeld und Greffen im selben Jahr zusammen verbraucht haben. Und dort fanden auch noch deutlich mehr Veranstaltungen statt.

An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass auch in der CDU Fraktion die Arbeit des Kulturbeauftragten als Bereicherung für die Kulturlandschaft unserer Stadt empfunden wird. Auf diese Idee hätten wir alle vielleicht schon früher kommen können und vor allem hätten wir mit dem Heimathaus und den beiden Bürgerhäusern sicherlich auch gute Veranstaltungsstätten für mehr Kultur gehabt.

Jetzt möchte ich Ihre Aufmerksamkeit nicht weiter strapazieren.

Meine persönliche Erkenntnis aus diesem Prozess ist, dass Vertrauen gut aber Kontrolle wohl besser ist.

Und bevor andere Parteien evtl. schon heute nach Steuererhöhungen rufen, sollten sie mit uns gemeinsam an der Erkennung und Beseitigung derartiger Missstände arbeiten.

Vielen Dank
Dr. Angelika Wensing